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Förderung: Familienseminare für betroffene Familien

(Stand 2019)

„Wenn der Sommer nicht mehr weit ist“
20. — 23.06.2019, Gottfried-Könzgen-Haus in Haltern am See (19 teilnehmende Familien)

Daran teilgenommen haben 19 Familien, 19 ehrenamtliche Begleiter*innen, drei Kinderkrankenpflegekräfte, acht Referent*innen, die Seminarleitung bestehend aus zwei Personen mit einer Assistenz sowie zwei weitere Pflegekräfte eines Pflegedienstes, die einem Kind mit lebensverkürzender Erkrankung persönlich zugeordnet waren.

Übergeordnetes Ziel des Familienseminars war es, Familien mit Kindern, die lebensverkürzend erkrankt und schwerstmehrfachbehindert sind, Raum und Zeit zu geben, Gemeinschaft zu erleben und Erfahrungen auszutauschen. Kinder, Eltern und Geschwister haben durch Workshops die Möglichkeit an kreativen Angeboten teilzunehmen, um zum Beispiel die eigenen Ausdruckspotenziale zu aktivieren, sich mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen und neue Kraft für den Alltag zu sammeln. Darüber hinaus hatten die Familien Gelegenheit, sich untereinander zu vernetzen, so dass auch über das Seminar hinaus Beziehungen fortgeführt werden können.

 

Im Einzelnen sollte das Seminar Möglichkeiten bieten,

  • sich in einem organisierten Rahmen jenseits der üblichen Alltagsbedingungen mit der eigenen Lebenssituation auseinandersetzen zu können,
  • sich ganz individuell und auch gemeinsam in der Gruppe den Themen Erkrankung, Behinderung und Sterben zu nähern und sich mit anderen Betroffen darüber austauschen zu können,
  • eigene Ressourcen und Selbsthilfepotenziale zu stärken und zu entfalten,
  • familiäre und soziale Solidarität zu erfahren und so auch das Familiensystem zu festigen,
  • durch die Erschließung nicht sprachgebundener Kommunikationspotenziale und neuer Erfahrungsbereiche einen intensiveren Austausch mit dem verbal eingeschränkten Kind zu fördern,
  • sich selbst als Teil einer tragenden Gemeinschaft erfahren zu können.


Um diese Ziele zu erreichen, wurden Workshops und ein Gesprächskreis angeboten, die sich an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der schwerstbehinderten Kinder und Jugendlichen, ihrer Eltern und Geschwister orientierten.

Die Teilziele der jeweiligen Workshops bestanden darin,

  • kreative Gestaltungsmöglichkeiten kennenzulernen, die als Verarbeitungsform für kritische Ereignisse im Lebensverlauf dienlich sein können,
  • die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen wahrzunehmen und weiter auszubilden,
  • durch die Erfahrung von Selbstwirksamkeit das eigene Selbstbewusstsein zu stärken,
  • durch den Einsatz unterschiedlichster Materialien und die Einbeziehung aller Sinne Erfahrungshorizonte zu erweitern,
  • durch Gespräche und Erfahrungsaustausch die eigenen Lebenssituationen zu reflektieren,
  • Haltungen und Handlungsweisen anderer kennenzulernen und im Austausch nach Lösungsmöglichkeiten für die eigenen Fragen zu suchen sowie
  • Geborgenheit in der Gemeinschaft zu erfahren.

 

Die kreative Arbeit in den Workshops wurde begleitend reflektiert, um ausreichend Gelegenheiten zu bieten, auftretende Fragen und Befindlichkeiten zu teilen und den Austausch über die gemachten Erfahrungen anzuregen.

Die ehrenamtlichen Begleiter*innen hatten zahlreiche Möglichkeiten, sich durch den praktischen Einsatz und die täglichen Reflexionsgespräche mit den anwesenden Referentinnen und Referenten, dem Pflegepersonal und der Seminarleitung weiter zu qualifizieren und die eigenen Fähigkeiten in der Begleitung der behinderten Kinder und Jugendlichen zu erproben und fortzuentwickeln. Durch kollegialen Austausch über aufkommende Fragen in der Begleitung wurden konkrete Lösungsmöglichkeiten erarbeitet sowie das eigene Rollenverständnis und individuelle Bedürfnisse in der Begleitungssituation besprochen.

Das Gottfried-Könzgen-Haus ist barrierefrei und verfügt über die notwendige Anzahl von Gästezimmern, die groß genug sind, um noch zusätzliche Pflegebetten aufzunehmen. Die Seminarräume sind so geräumig, dass sie auch Gruppen mit Rollstuhlfahrer*innen ausreichend Raum bieten, sich während der Workshops oder auch in separaten Rückzugs- und Entspannungsräumen ausbreiten zu können. Um die pflegerische Grundversorgung der erkrankten Kinder und Jugendlichen mit einer Schwerst-Mehrfachbehinderung gewährleisten zu können, wurden zusätzlich Pflegebetten in den Familienzimmern aufgebaut, ohne die eine Übernachtung für die erkrankten Kinder und Jugendlichen nicht möglich wäre. Da das ganze Tagungshaus durch das Familienseminar belegt war, herrschte eine ruhige und entspannte Atmosphäre für die Seminarteilnehmer*innen, die nicht durch die Anwesenheit anderer Gäste beeinflusst wurde. Die Küche war auf die besonderen Anforderungen der erkrankten Kinder eingestellt, und die Lage des Hauses ganz im Grünen, ermöglichte Naturerfahrungen mit allen Sinnen. Im Vorfeld zur Veranstaltung wurden mit der Hausleitung alle notwendigen Maßnahmen abgesprochen, um einen reibungslosen Aufenthalt für die Familien sicherzustellen.

Mit allen Beteiligten — Familien, Workshopreferent*innen und Kinderkrankenpflegekräften — wurden in der Vorbereitungszeit intensive Gespräche geführt. Dabei wurden die besonderen Erfordernisse für die erkrankten jungen Menschen in den Blick genommen, Informationen über die gesundheitliche Situation eingeholt und die vorhandenen Kompetenzen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit lebensverkürzenden Erkrankungen, ihre Vorlieben und Abneigungen ausführlich erfragt. Regionale Kinderärzte und Krankenhäuser wurden eruiert, um bei möglichen akuten Erkrankungen Anlaufstellen zu kennen. Die Workshopreferent*innen waren in Gesprächen auf die besonderen Herausforderungen an ihre Arbeit im Rahmen der Kinderhospizarbeit vorbereitet worden, so dass sie ihre Workshops nahe an den Interessen, Themen und Möglichkeiten der Kinder und Eltern anlegen konnten.

Damit sich die jungen Menschen mit einer lebensverkürzenden Erkrankung während der Workshops ganz individuell und ihren Möglichkeiten entsprechend am Programm beteiligen und ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse einbringen konnten, hatten sie während der Workshopzeiten jeweils eigene ehrenamtliche Begleitung an ihrer Seite. Rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltung waren die Begleitungen zugeteilt und beide Seiten darüber informiert worden. Somit bestand die Möglichkeit, vor Beginn des Seminars Kontakt aufzunehmen und sich kennenzulernen. Auch das Pflegepersonal nutzte die Möglichkeit, bereits im Vorfeld mit den Familien den individuellen Bedarf an Pflege und Versorgung abzustimmen und die erkrankten Kinder und Jugendlichen in ihrer jeweiligen Verfasstheit kennenzulernen. Damit die Eltern auch die Abendstunden zum Austausch nutzen konnten, ist die Aufsicht der erkrankten Kinder, die schon zu Bett lagen, durch die ehrenamtlichen Begleiter*innen mit Flurwachen sichergestellt worden.

Das Familienseminar begann mit einer gemeinsamen Begrüßungs- und Vorstellungsrunde, in der sich die teilnehmenden Familien, die ehrenamtlichen Begleiter*innen, die Referent*innen und das Pflegepersonal vorstellten. Danach stiegen die Teilnehmenden mit einem ersten Kennenlernen in die Workshoparbeit ein.

Weitere Workshops:

Erkrankte Kinder und Jugendliche
„Unterwegs in der Welt der Farben“

Eltern
„Raum für mich“

Geschwister
„Wir entdecken die Helden in uns“

Geschwister ab 14 Jahre
„Traumreisen zu den Orten der Sehnsucht“

Nicht nur die Feedbackrunden, sondern auch die schriftlichen Auswertungsbögen haben eine hohe Zufriedenheit mit dem Seminar ergeben. Der Eindruck spiegelt sich sicherlich auch darin wider, dass das Seminar in 2020 bereits ausgebucht ist. Auch aus Sicht der Veranstaltungsleitung war es eine gelungene Veranstaltung. Die erkrankten jungen Menschen hatten die Gelegenheit mit ihren Peers in Kontakt zu treten. Es wird häufig in Seminaren beobachtet, dass dadurch enge Beziehungen aufgebaut werden, die über die Jahre, durch die regelmäßige Teilnahme an Seminaren, vertieft werden. Gerade da die jungen erkrankten Menschen in ihrem Alltag selten die Gelegenheit haben, mit anderen jungen Menschen mit lebensverkürzenden Erkrankungen in Kontakt zu treten, ist diese Entwicklung äußerst wichtig.

Weiteres Familienseminar:

„Zeit für mich, Zeit für dich, Zeit für uns“
27.07. — 02.08.2019, Hessen Hotelpark Hohenroda (16 teilnehmende Familien)

Es haben insgesamt 8 Familienseminare stattgefunden.